
AG DOK - Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm e.V.
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D-60594 Frankfurt am Main
Telefon: +49 69 623 700
vom 10.12.2025
KÜRZERE ENTSCHEIDUNGSWEGE, FLACHERE HIERARCHIEN
UND MEHR VERBINDLICHKEIT
…wie dokumentarische Filme besser werden könnten
Eine aktuelle Umfrage der AG DOK unter über hundert Filmschaffenden zeigt: Die Strukturen in den Sendern befinden sich im Wandel – mit spürbaren Folgen für den Arbeitsalltag. Die Autor:innen beschreiben eine Situation, in der kreative Prozesse zunehmend von Bürokratie, langen Entscheidungswegen und einer Fokussierung auf Abrufzahlen geprägt sind. Gleichzeitig formulieren sie klare Forderungen: flachere Hierarchien in den Sendern, verbindlichere Absprachen und eine faire Bezahlung.
Positive und negative Erfahrungen
Differenziertes Bild: zwischen strukturellen Defiziten und guter Zusammenarbeit
Nach Einschätzung der Autor:innen ist die Zusammenarbeit in hohem Maße uneinheitlich und stark von der jeweiligen Redaktion abhängig. Die Auswertung der Umfrage zeigt sowohl strukturelle Probleme als auch konkrete Lösungsansätze auf.
Zentralisierung und Hierarchien bremsen kreative Prozesse
Viele der Filmschaffenden berichten, dass sich die Zusammenarbeit mit den Redaktionen verkompliziert hat. Die Zentralisierung in den Sendern, die aus Sicht der Anstalten Bürokratie abbauen und Entscheidungswege verkürzen soll, führt in der Praxis zu immer mehr Abstimmungsschleifen:
„Es werden immer neue Gremien und Kommissionen innerhalb der Sender eingesetzt, das macht den ganzen Apparat unendlich schwerfällig….“, schreibt ein:e Autor:in.
Gerade die „Entmachtung der Redakteur:innen“ durch längere „Hierarchieketten“ verzögere die Entscheidungsfindung. Autor:innen berichten von fehlender Kommunikation bei Themenvorschlägen und aufwendiger und unbezahlter Mehrarbeit in der Stoffentwicklung. Vertragsabschlüsse verzögerten sich zunehmend. Es sei gängige Praxis, Dreharbeiten ohne Vertrag und ohne finanzielle Absicherung beginnen zu müssen. Mehrfach wird erwähnt, dass die vereinbarten Vergütungsregeln (GVR) nicht konsequent umgesetzt werden (z.B. bei der Vergütung von angeforderten Treatments).
Gute persönliche Kommunikation macht Filme besser
Die Bedeutung eines direkten, verbindlichen Dialogs in allen Phasen der Filmentstehung wird hervorgehoben - er schaffe erst Raum für Kreativität. Digitale Abnahmen, in denen Redakteur:innen Änderungslisten verschickten, seien das Gegenteil von einem persönlichen Austausch zwischen Regie und Redaktion.
Insgesamt wird Kritik eher an institutionellen Strukturen geübt, als an den Redakteur:innen selbst, die in der Mehrheit eine Kommunikation auf Augenhöhe führen.
Forderungen: Verbindlichkeit, Handlungsspielräume und Mut zu komplexen Themen
Die Filmschaffenden wünschen sich durchlässigere Hierarchien: Redakteur:innen mit Handlungsspielraum, weniger bürokratische Hürden und verbindlichere Fristen. Gefordert wird außerdem ein Kalkulationsrealismus, um „wirtschaftlich desaströse“ Arbeitsbedingungen zu vermeiden, sowie Vertrauen in kreative Entscheidungen. Abrufzahlen dürften nicht in jedem Fall wichtiger sein als die gesellschaftliche und politische Relevanz eines Themas.
Festgestellt wird auch eine „…immer geringere Wertschätzung für das Format Dokumentarfilm…. Das zu Zeiten, wo der gesellschaftliche Diskurs oberste Priorität bei den öffentlich-rechtlichen Sendern haben sollte.“
Fazit: Reformbedarf vor allem in den Strukturen
Die AG DOK sieht in den Ergebnissen ein deutliches Signal für Reformen.
Von Hierarchien geprägte Entscheidungsstrukturen und zunehmender ökonomischer Druck behindern die kreative Arbeit.
Die Zusammenarbeit zwischen den Filmschaffenden und den Redaktionen braucht klare Zuständigkeiten, Planbarkeit, Vertrauen - und mehr Mut, sich mit komplexen gesellschaftlichen Themen auf den öffentlich-rechtlichen Auftrag zu besinnen.
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